IDPF und ePub3

(Auszug aus "ePub für (In)Designer — Mit InDesign Schritt für Schritt zum E-Book" von Sascha Heck & Yves Apel)

IDPF

Das IDPF (International Digital Publishing Forum) ist eine globale Standardisierungsorganisation für elektronische Publikationen und Konsumverhalten. Ihre Standards werden durch das ePub-Format (ePub ist eine Abkürzung für »electronic publication«) definiert und verwirklicht. ePub ist ein freier und offener Buchstandard für dynamischen Inhalt, was heißen soll, dass sich die Inhalte wie Text, Bilder, Tabellen an die verschiedenen E-Book-Lesegeräte und Bildschirmgrößen anpassen und entsprechend dargestellt werden. Eine vom IDPF gebildete ePub-Arbeitsgruppe ist zuständig für die Entwicklung und Umsetzung der ePub-Spezifikationen und -Standards. Deren Aktivitäten sind als »open source« gekennzeichnet, wodurch alle Informationen öffentlich zugänglich und für die Herstellung von Lesegeräten oder -software offengelegt sind.

ePub3

Pünktlich zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse am 11. Oktober 2011 wurde der Standard ePub3 mit den finalen Spezifikationen vorgestellt. Die Veröffentlichung von ePub3 war ein großer Schritt, da es nun den Geräteherstellern möglich ist, die E-Book-Lesegeräte dem neuen Standard anzupassen und somit den Nutzern neue Funktionen und Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Es bleibt abzuwarten, wie schnell die Hersteller reagieren können oder wollen. Und auch die Online-Portale zum Verkauf der E-Books haben jetzt etwas Arbeit vor sich, da auch hier Änderungen notwendig sind, um den Autoren und Verlagen die Möglichkeit zu bieten, ePub-Dokumente mit erweiterten interaktiven Inhalten anzubieten, was leider derzeit noch viel zu selten der Fall ist.

Warum ePub3?

Die rasche Entwicklung der Technologien sowie anderer elektronischer Buchstandards bedingt eine Aktualisierung der ePub2-Spezifikationen, um besser für die Zukunft der digitalen Publikationen gerüstet zu sein. Dabei beinhalten die neuen Spezifikationen die erweiterte Unterstützung der Funktionen von Tablet-PCs, die Integration des neuen Webstandards HTML5 und CSS3, die Anpassung der Barrierefreiheit auf alle Sprachen, den Einbau multimedialer Inhalte und neue Gestaltungsmöglichkeiten.

ePub3-Neuerungen im Überblick

Illustrierte ePub-Dateien

Illustrierte ePub-Dateien sind noch unter dem englischen Begriff »fixed layout ePub« bekannt. Dabei handelt es sich um elektronische Bücher, deren Gestaltung und Aussehen von der gedruckten Version übernommen werden können (sofern eine solche besteht) bzw. bei denen es möglich ist, für Texte, Bilder und sonstige Objekte sowie Hintergrundbilder eine exakte Position anzugeben. Somit sind viel mehr gestalterische Möglichkeiten gegeben.

Einige große Nachteile haben illustrierte ePubs allerdings gegenüber einem normalen oder enhanced ePub. So passt sich der Text hier nicht dynamisch an die Bildschirmgröße an. Es ist auch aktuell nicht möglich, illustrierte ePubs aus InDesign auszugeben. Die Herstellung ist reine Handarbeit und verlangt hohe technische Kenntnisse in der E-Book-Erstellung sowie viel Zeit, was Autoren und Verlage zögern lässt, solche elektronischen Bücher auf den Markt zu bringen. Dazu kommt, dass illustrierte ePubs derzeit nur in Apple iBooks angesehen werden können. Ein fixed layout ePub hat starke Ähnlichkeit mit einer PDF-Datei, da die Gestaltung beibehalten wird. Ein Nachteil von PDF-Dateien ist aber, dass eingebettete multimediale Inhalte nicht auf E-Readern funktionieren.

Unterstützung bei der Erstellung eines illustrierten ePub-Dokumentes verspricht der Software-Hersteller Aquafadas mit seinen InDesign-Plug-ins zur Herstellung von digitalen Magazinen in App-Form. Mit einer für 2012 geplanten Version der Plug-ins soll es möglich sein, illustrierte ePub-Dateien ohne weitere technische Kenntnisse und mit geringem Zeitaufwand herzustellen.

Verbesserte multimediale Inhalte

Multimediale Inhalte wie Audio und Video werden zwar bereits von E-Book-Geräteherstellern wie Amazon, Apple und Barnes & Noble unterstützt, indem HTML5-Tags verwendet werden können, welche sich jedoch in den Audio- und Videoformaten unterscheiden und nicht geräteunabhängig benutzt werden können. ePub3 erlaubt es dem Gestalter, eine einzige Version eines E-Books herzustellen und dabei mehrformatige multimediale Inhalte (wie MP4 und OGG) gleichzeitig einzubinden, die dann von möglichst allen Geräten verstanden und ausgegeben werden können bzw. bei denen das Gerät automatisch entscheidet, welches Format für die Darstellung am geeignetsten ist.

Sprachunterstützung

ePub3 bietet die Möglichkeit, nicht nur Sprachen mit lateinischem Alphabet durchsuchen zu können, sondern auch solche wie Japanisch, Chinesisch und Arabisch. Diese Sprachen werden dann als richtige Schriftzeichen enthalten sein und nicht als JPEG-Bilder, wie es beim aktuellen Standard der Fall ist. ePub3 bietet eine volle Unterstützung für die Leserichtung von rechts nach links sowie vertikal. Alle diese Änderungen ermöglichen es, eine noch größere Bandbreite an Literatur als elektronische Bücher anzubieten.

Verbesserte Barrierefreiheit und Metadaten

Barrierefreiheit wie die vom DAISY Consortium (Digital Accessible Information System) vorgeschlagenen Funktionen werden besser vom ePub3-Standard unterstützt, was den Einsatz von elektronischen Lesegeräten für sehbehinderte Personen interessant macht. ePub3 kann auch erweiterte Metadaten für ONIX (ONline Information eXchange) enthalten, um den Austausch von produktspezifischen Daten im Buchhandel zu verbessern.

Interaktivität

Eine der größten Neuerungen ist die Unterstützung von Interaktivität und Effekten mit Hilfe der Programmiersprache JavaScript. Dies ermöglicht es, zukünftig Spiele, Kreuzworträtsel und Sudokus in E-Books einzubinden sowie Inhalte abhängig von der geografischen Position anzuzeigen oder je nach Lesegerät zu ändern. JavaScript ist eine weit verbreitete und bekannte Programmiersprache, die bislang vor allem auf Webseiten eingesetzt wird.

Read Aloud

Bei read aloud (engl. für laut vorlesen) ePubs handelt es sich um Bücher, bei denen der Text mit Ton versehen ist. Durch Klicken auf den Text oder einen eigens dafür definierten Button ist es möglich, eine Audio-Datei abzuspielen, in der zum Beispiel der Text vorgelesen wird. Zudem können Effekte mit der Audio-Datei synchronisiert werden, sodass zum Beispiel die gerade vorgelesene Textstelle in anderer Farbe als der restliche Text dargestellt wird. Read Aloud ist momentan nur in Kombination mit einem illustrierten ePub in Apple iBooks möglich.

Neue Gestaltungsmöglichkeiten und MathML

In ePub3-Dokumenten können nun erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten wie alternative Stylesheets basierend auf dem Lesegerät, mehrspaltige Gestaltung und erweiterte Bildeigenschaften zum Einsatz kommen. ePub3 wird auch MathML (Mathematic Markup Language, eine Erweiterung von XML) unterstützen, um akademische und technische Literatur erstellen zu können.

Mehr über ePub3 und die kompletten Spezifikationen finden Sie auf der englischsprachigen Website des IDPF.

  

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