Umbruchverhalten im E-Book

(Auszug aus "E-Books mit ePUB ─ Von Word zum E-Book mit XML" von Dr. Victor Wang)

Im klassischen Buchsatz wird ein hoher Aufwand getrieben, um eine typografisch gut lesbare Seite zu erstellen. Ein wichtiger Bereich der Typografie ist das so genannte Umbruchverhalten, also die Frage, wann Seiten beginnen oder enden dürfen, Zeilen umbrochen werden oder Wörter getrennt werden. Diese drei Bereiche wollen wir mit den Möglichkeiten in CSS abgleichen.

Seitenumbruch

Die vermutlich bekanntesten Regeln des Seitenumbruchs dürfen die so genannten "Schusterjungen" und "Hurenkinder" sein. Hier gilt es den Fall zu vermeiden, dass ein Absatz durch eine Seite besonders unglücklich umbrochen wird: Bleibt am Ende einer Seite (oder einer Spalte) die erste Zeile des Absatzes stehen, so spricht man von einem Schusterjungen (engl. orphan); beginnt die Folgeseite (oder Folgespalte) mit der letzten Zeile eines Absatzes, so nennt man das ein Hurenkind (engl. widow). Abhilfe schafft eine Satzregel, die sowohl die Mindestzahl der stehen bleibenden bzw. der umbrochenen Zeilen vorschreibt. Heutzutage lassen sich diese Regeln in den meisten Satz- und DTP-Programmen, ja selbst in der Office-Software voreinstellen.

Gerade in einem fließenden Format wie ePUB tritt der Effekt eines Schusterjungen bzw. Hurenkindes sehr schnell ein, spätestens dann, wenn die Schrift/Schriftgröße im Reader geändert wird. Aus diesem Grund kennt CSS seit der Version 2.0 auch die beiden Eigenschaften orphans und widows. Damit könnte die Formatierung des Standard-Absatzes gesteuert werden:

p {
  orphans: 2;
  widows 3;
} 

So weit die Theorie, leider unterstützen die meisten Reader diese CSS-Eigenschaft nicht. Es gibt eine kleine Notlösung, allerdings nur für Inhalte, die nicht zu lange Absätze enthalten: In diesen Fällen kann das Absatz-Element mit einer den ganzen Absatz zusammenhaltenden Eigenschaft ausgestattet werden. Dies leistet beispielsweise die CSS-Eigenschaft display: block-inline. Der Reader prüft bei dieser Eigenschaft, ob der ganze Absatz auf das Seitenende passt. Ist dies nicht der Fall, wird er nicht auf der aktuellen Seite angezeigt, sondern folgt erst zu Beginn der nächsten Seite.

Auch für Überschriften ist in der Regel gewünscht, dass sie möglichst zu Beginn einer Seite stehen, mindestens jedoch zusammen mit den ersten Zeilen des Absatzes angezeigt werden. Hierfür bietet sich in CSS die Eigenschaft page-break-before: always an, die leider ebenfalls nicht von allen Readern unterstützt wird.

Der dritte Fall, in dem ein Zusammenhalten von Inhalten gewünscht ist, betrifft zusammengehörige Elemente, deren Trennung auf verschiedene Seiten das Verständnis behindern würde. Das anschaulichste Beispiel hierfür sind Beschriftungen von Abbildungen. Hier macht es immer Sinn, die Grafik und zugehörige Beschriftung in einen Block-Container zu setzen und diesen dann über die Eigenschaft display: block-inline zusammenzuhalten.

Zeilenumbruch und Worttrennungen

<div class="Abbildung" style="display: block-inline;">
  <img src="img/laokoon.jpg" alt="Laokoongruppe"/>
  <p class="Beschriftung">Die Laokoon-Gruppe, eine römische Marmorkopie des verschollenen Originals, die heute in den Vatikanischen Museen steht.</p>
</div> 

In der gedruckten Zeile eines Buches werden hohe Ansprüche an die Wortabstände und korrekte Worttrennungen gestellt. Durch spezielle Trennregeln kann festgelegt werden, wie luftig eine Zeile aussehen darf. Allerdings ist in Satzsystemen eine wichtige Voraussetzung gegeben, nämlich das Vorhandensein eines der Sprache entsprechenden Trenn-Wörterbuches.

In E-Book-Readern ist dies im Moment (noch) nicht der Fall. Eine Worttrennung kann allenfalls durch so genannte Softhyphens (wenn das Wort umbrochen wird, erscheint am Zeilenende ein Trennstrich), die in den XML-Daten eingetragen sein müssen, provoziert werden. Ein Absatz würde dann wie folgt aussehen:

<p>Vielmehr rät uns schon die Ver&#173;nunft, bei An&#173;sichten, die nicht durch&#173;aus ge&#173;wiß und un&#173;zwei&#173;fel&#173;haft sind, uns eben&#173;so sorg&#173;fäl&#173;tig der Zu&#173;stim&#173;mung zu ent&#173;hal&#173;ten, als bei sol&#173;chen, die ganz sicher falsch sind, und so wird es, um alle von uns ab&#173;zu&#173;weisen, ge&#173;nügen, dass ich in jeder ein&#173;zel&#173;nen einen Grund zum Zwei&#173;feln finde. Auch braucht man sie da&#173;rum nicht ein&#173;zeln durch&#173;zu&#173;gehen; das wäre eine end&#173;lose Ar&#173;beit! Viel&#173;mehr wer&#173;de ich – da ja bei Unter&#173;gra&#173;bung der Fun&#173;da&#173;mente alles, was da&#173;rauf ge&#173;baut ist, von selbst zu&#173;sam&#173;men&#173;stürzt – so&#173;gleich die Grund&#173;lagen selbst an&#173;grei&#173;fen, auf die alles sich stütz&#173;te, was ich frü&#173;her für wahr hielt.</p> 

Die Lesbarkeit des Textes leidet sichtlich, vor allem müsste ein erheblicher Aufwand bei der Datenaufbereitung betrieben werden, um die Softhyphens einzufügen. Nur selten dürfte dieser Weg daher praktikabel sein. Der Adobe Digital Editions erkennt die Softhyphens, zeigt jedoch keine Trennstriche an. Apple iBooks hingegen tut dies.

Darstellung der Softhyphens (Adobe Digital Editions)

Darstellung der Softhyphens (iBooks)

Abbildungen: Darstellung der Softhyphens (Adobe Digital Editions bzw. iBooks)

Der einzig verbleibende Weg, bei Zeilenumbrüchen zu breite Wortabstände zu verhindern, ist daher schlicht der Verzicht auf Blocksatz. Ansonsten ist auf ausgereiftere Reader bzw. CSS 3 zu warten.

   

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