Vom Syndikations- zum Publikationsformat: die neue Alternative Atom

(Auszug aus "Newsfeeds mit RSS und Atom" von Heinz Wittenbrink, erschienen bei Galileo Press, 2005)

Im Juni 2003 wurde die Roadmap für Atom publiziert. Ziele waren "hundertprozentige Anbieterneutralität", Implementierung durch jeden, freie Erweiterbarkeit und eine saubere und gründliche Spezifikation. Vorangegangen waren heftige Debatten über RSS 2.0 und die politischen Implikationen der Kontrolle dieses Formats durch Dave Winer.

Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass "das Webloggen zu einer eigenen Industrie" werden würde, wie Mark Pilgrim es formulierte: Interoperabilität würde in Zukunft mehr erfordern als "einen Freund anzurufen oder ihm eine E-Mail zu schicken". Mark Pilgrim und Sam Ruby entwickelten den Feed Validator, der Newsfeeds nahezu sämtlicher bekannter Feed-Formate auf Standardkompatibilität prüft. Dabei stießen sie auf Defizite der RSS 2.0-Spezifikation und ihrer Vorgänger. Die Spezifikation ist in wichtigen Punkten nicht eindeutig, sodass in einigen Fällen nicht entschieden werden kann, ob ein Dokument ihr entspricht oder nicht. Winers Versuche, die Kontrolle zu behalten, erschienen der Gruppe der späteren Atom-Entwickler als "FUD" ("Fear, Uncertainty, Doubt": Open Source-Anhänger bezeichnen mit diesem Akronym eine gerne, aber oft vergeblich verwendete gegnerische Verunsicherungsstrategie). RSS 1.0 erschien zumindest Mark Pilgrim damals als mehr oder weniger gescheitert bzw. tot, und einige der Personen, die bislang hinter RSS 1.0 standen, unterstützten nunmehr Atom als neues Format.

Im März 2004 schlug Dave Winer – letztlich erfolglos – vor, Atom und RSS 2.0 zu einem Format zusammenzufassen. Als Name für das Dokument-Element könne man rssAtom verwenden. Das neue Format solle "so wenig wie möglich von RSS abweichen" und von einer offenen IETF-Arbeitsgruppe entwickelt werden. Die Spezifikation, die die Atom-Entwickler versprächen, und der Validierungsservice könnten gemeinsam genutzt werden. Winers Vorschlag unterscheidet sich von den Zielen der Atom-Entwickler nur darin, dass Winer auf ein Höchstmaß von Rückwärtskompatibilität zu älteren RSS-Versionen Wert legt. Die Diskussion des Atom-Formats war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon zu weit und Winer beteiligte sich nicht an ihr. Tatsächlich wählten die Atom-Entwickler aber die IETF als Standardisierungsgremium. Atom hat damit als bisher einziges Feed-Format begründete Aussichten, zu einem Standard zu werden, hinter dem eine Organisation steht, die für die Entwicklung des Internets mitverantwortlich ist.

Die Atom-Arbeitsgruppe geht den Weg einer genauen syntaktischen Spezifikation, bei der die Beziehungen der Atom-spezifischen Informationen zu anderen im Dokument enthaltenen Informationen klar definiert sind. Atom wird explizit als Syndikations- wie auch als Publikationsformat spezifiziert. Zum Atom-Standard gehört auch das Atom Publishing Protocol. Andererseits liegt das Verhältnis zu Metadatenformaten zumindest nicht im Zentrum des Interesses der Atom-Entwickler. Der Atom-Standard als solcher ist unabhängig von den Spezifikationen des Resource Description Formats; allerdings legen einige Entwickler großen Wert darauf, dass Atom und RDF kompatibel bleiben.

Unter Atom wird das Feed-Format ausführlich beschrieben. Eine Referenz der XML-Elemente von Atom finden Sie unter Referenz: Atom-Elemente.

   

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