Was XML nicht ist

(Auszug aus "XML in a Nutshell" von Elliotte Rusty Harold & W. Scott Means)

XML ist eine Markup-Sprache, und es ist nur eine Markup-Sprache. Merken Sie sich das. Der XML-Hype ist so extrem geworden, dass viele Leute glauben, XML könne sogar Kaffee kochen oder den Familienhund waschen.

Zunächst einmal ist XML keine Programmiersprache. Es gibt keinen XML-Compiler, der XML-Dateien einliest und ausführbaren Code erzeugt. Sie könnten vielleicht eine Skriptsprache definieren, die ein natives XML-Format benutzt und von einem Programm interpretiert wird, aber selbst diese Anwendung wäre ungewöhnlich. XML kann als Anweisungsformat für Programme eingesetzt werden, das dafür sorgt, dass bestimmte Dinge geschehen, ganz wie ein traditionelles Programm beispielsweise eine Konfigurationsdatei lesen und verschiedene Aktionen ausführen kann, je nachdem, was es dort findet. Tatsächlich gibt es keinen Grund, weshalb eine Konfigurationsdatei nicht in XML anstatt in unstrukturiertem Text geschrieben werden sollte. Einige neuere Programme setzen bereits XML-Konfigurationsdateien ein. Allerdings tritt in allen Fällen das Programm und nicht das XML-Dokument selbst in Aktion. Ein XML-Dokument existiert einfach. Es tut nichts.

Anmerkung: Zumindest für eine XML-Anwendung wurde nachgewiesen, dass sie Turing-vollständig ist: XSL Transformations (XSLT). Eine universelle Turing-Maschine, die in XSLT geschrieben wurde, bietet Unidex.

Zweitens ist XML kein Netzwerk-Transportprotokoll. XML schickt keine Daten über das Netzwerk, genauso wenig wie HTML das macht. Stattdessen können die Daten, die mit Hilfe von HTTP, FTP, NFS oder eines anderen Protokolls über das Netzwerk gesandt werden, in einem XML-Format kodiert sein, aber auch hier muss es wieder Software außerhalb des XML-Dokuments geben, die das Dokument tatsächlich versendet.

Schließlich, um das Beispiel zu erwähnen, bei dem der Hype die Realität am weitesten hinter sich lässt: XML ist keine Datenbank. Sie werden einen Oracle- oder MySQL-Server nicht durch XML ersetzen. Eine Datenbank kann XML-Daten als VARCHAR, BLOB oder als eigenen XML-Datentyp enthalten; die Datenbank selbst ist jedoch kein XML-Dokument. Sie können XML-Daten in einer Datenbank oder auf einem Server ablegen oder Daten aus einer Datenbank im XML-Format beziehen. Dazu benötigen Sie aber Software, die in einer echten Programmiersprache wie C oder Java geschrieben wurde. Um XML in einer Datenbank zu speichern, schickt die Software auf dem Client die XML-Daten an den Server. Dazu wird ein gebräuchliches Netzwerkprotokoll wie TCP/IP verwendet. Die Software auf der Serverseite nimmt die XML-Daten entgegen, schickt sie durch einen Parser und legt sie in der Datenbank ab. Um ein XML-Dokument aus einer Datenbank abzurufen, nehmen Sie im Allgemeinen ein Produkt wie Enhydra zu Hilfe, das SQL-Abfragen an eine Datenbank sendet und die Ergebnismenge als XML formatiert, bevor es sie an den Client zurückgibt. In der Tat könnten einige Datenbanken diese Software zu diesem Zweck in ihren Server integrieren oder Plug-Ins anbieten, die das übernehmen, wie das Oracle XSQL-Servlet. XML eignet sich sehr gut als allgegenwärtiges, plattformunabhängiges Transportformat in diesen Szenarien. Allerdings ist XML nicht die Datenbank und sollte auch nicht als eine solche betrachtet werden.

   

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