Die Copy&Paste-Methode

(Auszug aus "DITA - Der neue Standard für Technische Dokumentation" von Johannes Hentrich)

Die Copy&Paste-Methode zählt nach wie vor zu der beliebtesten Vorgehensweise, wenn es um die Wiederverwendung von Informationen geht.

Wird beispielsweise eine Technische Dokumentation für ein neues Produkt benötigt, so wird diese in den seltensten Fällen komplett neu erstellt. Wesentlich häufiger ist in der Praxis der Fall anzutreffen, dass bereits bestehende Hand-bücher, Online-Hilfen usw. für die neu zu erstellende Dokumentation als Grundlage herangezogen werden.

Das „Heranziehen“ eines bestehenden Handbuchs, oft als der so genannte Vorgänger bezeichnet, bedeutet in Regel nichts Anderes, als dass ein komplettes Handbuch kopiert wird. Mit der kopierten Version wird dann weitergearbeitet und die Änderungen werden an jenen Stellen vorgenommen, die für die neue Produktversion oder Produktvariante verändert werden müssen.

Damit ist aber erst der Grundstein gelegt. Informationen, die aus anderen Handbüchern benötigt werden, die nicht im Vorgänger vorhanden sind, werden ebenfalls kopiert. Dabei kann die Menge der zu kopierenden Informationen folgende Größenordnungen annehmen:

  • ein Wort bis hin zu einzelnen Wörtern,
  • einzelne Sätze bis hin zu ganzen Abschnitten,
  • einzelne Kapiteln.

Hier zeigt sich der große Vorteil, den die Copy&Paste-Methode bietet: Die Granularität der Information, die kopiert werden soll, kann der Technische Redakteur ohne Schwierigkeiten selbst bestimmen. Es sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich, um die Menge der zu kopierenden Informationen zu bestimmen.

Mit Copy&Paste ist der Zugriff auf die zu kopierenden Informationen direkt möglich. Es muss nicht überprüft werden, ob die zu kopierenden Informationen in Informationscontainern wie beispielsweise Textbausteinen oder Datenbanken bereits vorhanden und abgespeichert sind.

Ein weiterer Vorteil von Copy&Paste besteht darin, dass die kopierten Informationen beliebig manipuliert werden können. Wird beispielsweise ein Satz kopiert, kann danach ohne Weiteres die Wortstellung verändert, Wörter ausgetauscht oder gelöscht werden. Diese Art von Manipulationen lassen sich nicht unterbinden, wenn mittels Copy&Paste gearbeitet wird.

Liegen der Vorteil der Copy&Paste vor allem in der Bequemlichkeit, die der Technische Redakteur in der Bearbeitung der Technischen Dokumentation erfährt, so liegen die Nachteile vor allem beim Nutzer, der diese Art von Technischer Dokumentation nutzt. Die folgenden „Unbequemlichkeiten“ sind oftmals das Ergebnis von Copy&Paste:

  • Aktuelle Informationen befinden sich nicht im aktuellen Handbuch. Besonders drastisch ist dies zu beobachten, wenn Informationen aus einem Handbuch einer bestimmten Produktversion übernommen werden und sich dann die Informationen in diesem Handbuch ändern. Dann ändern sich nämlich nicht auch die Informationen in dem Handbuch, in das die Informationen hineinkopiert worden sind. Häufig tritt dann der paradoxe Effekt auf, dass Informationen in Handbüchern alter Produktversionen aktueller sind als in Handbüchern neuerer Produktlinien.
  • Gleiche Informationen innerhalb eines Handbuchs sind nicht gleich. Werden bestimmte Informationen innerhalb eines Handbuchs mehrmals kopiert, so verliert sich häufig die „Spur“, wo sich diese Informationen befinden. Verstärkt wird dieser Effekt besonders dann, wenn die Informationen nicht nur einfach kopiert werden, sondern aufgrund des Kontexts an den kopierten Stellen modifiziert werden. Dann helfen keine Suchläufe mehr, um die betroffenen Stellen aufzufinden. Oft ist nur ein gewissenhafter Korrektor in der Lage, die durch Copy&Paste aufgetretenen Inkonsistenten wiederaufzufinden.

Ist es für den Technischen Redakteur schon schwierig genug, die sich aus Copy&Paste ergebenen Tücken in den Griff zu bekommen, so wird dies fast unmöglich, wenn ein Redaktionsteam an einem Handbuch arbeitet. Jeder kopiert nach Gutdünken die für notwendig erachteten Inhalte in ein neu zu erstellendes Handbuch, mit dem Ergebnis, dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, woher die Inhalte kamen und wer sie manipuliert hat.

Obwohl die gravierenden Nachteile der Copy&Paste-Methode deutlich auf der Hand liegen und es ein Leichtes ist, diese Methode abzulehnen, so muss doch berücksichtigt werden, dass die Nutzung von Computern die Verwendung von Copy&Paste erst ermöglicht und dann kultiviert hat. Bei gängigen Programmen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Bildbearbeitung steht überall die Copy&Paste-Methode zur Verfügung, und es ist eine Selbstverständlichkeit, diesen auch zu nutzen. Da dieser Mechanismus direkt zur Verfügung steht und schnell das gewünschte Ergebnis liefert, wird er kaum in Zweifel gezogen. Die Schwierigkeiten beginnen dann, wenn die Copy&Paste-Methode zugunsten einer Referenzierung von Informationen aufgegeben werden muss, damit die Informationen nicht unkontrolliert in der Technischen Dokumentation ihr Unwesen treiben.

  

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