Was befindet sich am Ende einer Namensraum-URL?

(Auszug aus "XML in a Nutshell" von Elliotte Rusty Harold & W. Scott Means)

Diejenigen, die die Namensraum-Spezifikation geschrieben haben, konnten sich nicht darauf einigen, was sich am anderen Ende der Namensraum-URL befinden sollte. Sollte es eine DTD, ein Schema, eine Beschreibung (Spezifikation) oder etwas anderes sein? Alles das wäre möglich, aber keine der genannten Optionen ist wirklich für eine spezielle XML-Anwendung erforderlich. Einige Anwendungen verwenden DTDs, andere nicht. Einige Anwendungen verwenden Schemas, andere nicht. Einige Anwendungen verwenden Stylesheets, andere nicht. Daher sind Namensräume in den meisten Fällen rein formale Bezeichner. Sie lokalisieren oder identifizieren eigentlich nichts.

Namensräume in XML (Namespaces in XML) stellt ausdrücklich fest: »Der Namensraum-Name sollte die charakteristischen Eigenschaften Einzigartigkeit und Dauerhaftigkeit haben. Es ist nicht das Ziel, diesen Namen direkt dazu verwenden zu können, das Schema (sofern eines existiert) aufzurufen.« Das bedeutet, dass nicht zwingend irgendetwas Bestimmtes, wie zum Beispiel eine DTD oder ein Schema, am Ende einer Namensraum-URL vorhanden sein muss. Tatsächlich ist es nicht einmal erforderlich, dass der Namensraum-Name aufgelöst werden kann. Es könnte sich ebenso um eine unauflösbare URN wie zum Beispiel urn:isbn:1565922247 handeln. Andererseits bedeutet das aber nicht, dass sich am Ende einer Namensraum-URL nichts befinden kann, sondern nur, dass sich dort nichts befinden muss.

Das hat allerdings unzählige Entwickler nicht davon abgehalten, Namensraum-URLs in die Adresszeile ihres Webbrowsers einzugeben und die Log-Dateien des W3C und anderer mit »404 Not Found«-Fehlermeldungen zu überhäufen. Ebenso wenig konnten wöchentliche Diskussionen in der xml-dev-Mailingliste darüber verhindert werden, ob es möglich sei, ein XML-Dokument auf einem System zu parsen, das nicht an das Netz angeschlossen ist. Schließlich haben sich die Mitglieder der xml-dev-Mailingliste darauf geeinigt, dass es an der Zeit sei, etwas an das Ende einer Namensraum-URL zu legen, auch wenn sie es eigentlich nicht müssten.

Die Frage, was sich dort befinden sollte, war allerdings immer noch ungeklärt. Alle Gründe, warum man sich bisher noch nicht auf etwas festgelegt hatte, das sich dort befinden sollte, trafen immer noch zu. Rick Jelliffe hatte die Idee, das Problem durch die Einführung einer zusätzlichen Umleitungsebene zu lösen, und Tim Bray schlug vor, diese Ebene mit XHTML und XLinks zu realisieren. Anstatt nur eine der vielen Möglichkeiten an das Ende der Namensraum-URL zu legen, könnte sich dort ein XML-Dokument befinden, das eine Liste aller in Bezug zu der XML-Anwendung stehenden Dinge enthält, die durch diese spezielle URL identifiziert wird.

Die Erfahrung hatte gezeigt, dass Entwickler, sobald sie auf eine Zeichenfolge mit http treffen, diese in die Adresszeile ihres Browsers eingeben.

Anmerkung: In den unsterblichen Worten von Claude L. Bullard: »Alles Gewese zu URN/URI/URL führen nicht an der einfachen Tatsache vorbei, dass sich bei Eingabe von http:// irgendwo in einem Browser-Fenster der entsprechende Bereich blau färbt und sich beim Zeigen darauf ein Finger hebt. Der Affe erwartet eine Ressource, und wenn er keine bekommt, ist der Affe schockiert. Affen lesen keine Spezifikationen, um herauszufinden, warum sie schockiert sein sollten. Vielmehr werden sie rot und strecken einen Finger hoch.«

Daher musste die grundlegende Syntax von RDDL etwas sein, das vernünftig aussieht, wenn es im Browser aufgerufen wird: vorzugsweise HTML. Darüber hinaus sollte es wohlgeformtes, vielleicht sogar gültiges XML sein. Selbstverständlich dachte man dabei sofort an XHTML. Modulares XHTML bot genau die nötige Erweiterbarkeit zur Ergänzung der notwendigen Syntax, die RDDL brauchte.

  

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