Was kostet es?

(Auszug aus "DITA - Der neue Standard für Technische Dokumentation" von Johannes Hentrich)

DITA wurde ursprünglich dazu entwickelt, um über topicorientierte Inhalte Technische Dokumentation für Software zu erstellen. Wenn Sie ebenfalls Technische Dokumentation für Software erstellen wollen, so kommt DITA sicherlich in die engere Wahl. Wenn Sie Technische Dokumentation für andere Bereiche erstellen wollen, so kann DITA unter Umständen nicht einmal in die engeren Kreis der Kandidaten kommen.

Warum nur in die engere Wahl?

Wenn Sie DITA einsetzen wollen, unabhängig davon, ob Sie Technische Dokumentation für Software oder für den Maschinenbau erstellen wollen, sind folgende zwei grundsätzlichen Fragen zu stellen:

  • Ist die bisherige Dokumentation topicorientiert beziehungsweise soll die neu zu erstellende Technische Dokumentation topicorientiert sein? Basiert die bisherige Technische Dokumentation nicht auf Topics oder sind die Technischen Redakteure mit einer topicorientierten Arbeitsweise bisher nicht vertraut, so bedeutet ein Wechsel zu DITA eine gewaltige Veränderung. Denn nicht nur die Art und Weise, wie die Inhalte erstellt werden müssen, ändert sich, sondern auch deren Organisation.

Bei einer Analyse der möglichen Kosten bei einem Wechsel zu DITA wird diesem Punkt häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Aber um einen erfolgreichen Wechsel hin zu einer topicorientierten Produktion von Inhalten vollziehen zu können, ist oftmals viel mehr Zeit nötig, als erwartet. Dies wirkt sich natürlich auf die Kosten aus.

  • Passt das Inhaltsmodell von DITA zu der zu erstellenden Technischen Dokumentation? Selbst wenn Sie Technische Dokumentation für Software erstellen wollen, muss dies noch lange nicht bedeuten, dass das Inhaltsmodell von DITA dem entspricht, wie Sie die Technische Dokumentation für Software erstellen wollen. Ein Standard zwingt einem mehr oder minder seine Sicht der Dinge auf. DITA wurde bei IBM entwickelt und stellt letzten Endes die Lösung von IBM dar, wie dort die Software-Dokumentation erstellt werden soll. Dies muss Ihrem Verständnis, wie Software-Dokumentation zu erstellen ist, nicht entsprechen. Ob DITA zu Ihrer Technischen Dokumentation passt, können Sie dadurch überprüfen, indem Sie überlegen, wie Ihr Inhaltsmodell unabhängig von DITA für Technische Dokumentation aussehen würde. Je größer die Ähnlichkeit, umso besser eignet sich DITA für Ihre Technische Dokumentation. Je weniger Ähnlichkeiten Sie finden können, umso mehr müssen Sie mit einer Anpassung von DITA rechnen, was sich schließlich wieder auf die Kosten auswirkt.

Daneben darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass DITA vor allem ein XML-Standard ist. Ob nun DITA oder ein anderer XML-Standard eingeführt werden soll, immer sind die damit verbundenen Herausforderungen auf keinen Fall zu unterschätzen. Neue Redaktionsumgebungen, neue Arbeitsweisen, neue Organisationsformen erfordern viel Zeit bei der Einführung eines XML-Standards. Da DITA jedoch ein Standard aus der Praxis ist, das heißt, dass DITA für die Erstellung von Technischer Dokumentation für Software entwickelt wurde, können Sie DITA zunächst erst einmal ausprobieren. Sie können ohne zusätzliche Kosten herausfinden, was es bedeutet, XML-basierte Dokumentation zu erstellen. Aus den gewonnenen Erfahrungen lässt sich dann häufig ein genaueres Bild gewinnen, ob die Vorteile oder die Nachteile bei der Einführung von XML in die Technische Dokumentation überwiegen.

Neben den eher strategisch ausgerichteten Fragen gilt es bei einem möglichen Einsatz von DITA zu klären, welche Funktionalitäten von DITA und in welchem Umfang diese genutzt werden sollen.

  • Wiederverwendung von Inhalten: DITA bietet einen ausgefeilten Mechanismus zur Wiederverwendung von Inhalten an. Inwieweit spielt die Wiederverwendung von Inhalten bei Ihrer Technischen Dokumentation eine Rolle? Je mehr Sie die Wiederverwendung von Inhalten nutzen wollen, umso mehr müssen Sie in die Infrastruktur zur Verwaltung der Inhalte investieren. Auch wenn Sie davon absehen, den Mechanismus zur Wiederverwendung von Inhalten zu verwenden, so wird der Ballast des Wiederverwendungsmechanismus stets mitgetragen werden müssen.
  • Bedingte Verarbeitung: Mit DITA können Inhalte gezielt gefiltert und gekennzeichnet werden. Ähnlich wie bei der Wiederverwendung von Inhalten erfordert die Nutzung der bedingten Verarbeitung das Vorhandensein einer entsprechenden Infrastruktur. Auch hier gilt, je mehr Sie die bedingte Verarbeitung nutzen wollen, desto höher werden die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur ausfallen.

Neben der Erstellung von XML-Dateien ist die Verarbeitung zu Ausgabemedien ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Verwendung eines XML-basierten Standards in der Technischen Dokumentation. Für die Produktion der Ausgabemedien ist bei DITA das DITA Open Toolkit vorgesehen.

Bei der Evaluierung von DITA sollten Sie zunächst prüfen, inwieweit das DITA Open Toolkit überhaupt in Ihren jetzigen Publishing-Workflow passt. Denn mit dem DITA Open Toolkit ist die Produktion von Ausgabemedien nicht mehr an eine Anwendungen wie Word oder FrameMaker gebunden. Insbesondere bedeutet das, dass Ausgabemedien erst nach deren Produktion betrachtet werden können und nicht mehr im WYSIWYG-Modus in den entsprechenden Anwendungen.

Des Weiteren sollten Sie prüfen, inwieweit das DITA Open Toolkit für die Produktion der gewünschten Ausgabemedien für Ihre Technischen Dokumentation ausreicht und welche Anpassungen und in welchem Umfang Anpassungen notwendig wären, wenn Sie das DITA Open Toolkit zur Produktion von Ausgabemedien verwenden wollen.

Mit dem DITA Open Toolkit können gängige Ausgabemedien wie HTML, PDF, Microsoft HTML Help usw. erzeugt werden. Sollten jedoch weniger gebräuchliches Ausgabemedium produziert werden, zum Beispiel Webseiten für eine Wiki, so sind erst die entsprechen XSLT-Stylesheets zu programmieren. Möglicherweise erweist sich dann die Produktion über eine Anwendung als schneller und kostengünstiger.

Ein weiterer Aspekt bei der Verwendung des DITA Open Toolkits ist die notwendige Anpassung. Die Standard-Stylesheets des DITA Open Toolkits werden kaum die Ausgabemedien in Ihrem gewünschten Design produzieren. Zu beachten ist, dass beim DITA Open Toolkit „Anpassung“ nicht gleich „Anpassung“ ist. So können die Stylesheets zur Ausgabe von HTML relativ schnell und einfach angepasst werden. Sollen jedoch die Stylesheets für die Produktion von PDF-Dateien angepasst werden, so sind unter Umständen fundierte XSLT- und XSL-FO-Kenntnisse notwendig, um die Inhalte und das Design in der PDF-Datei zu erhalten, die gewünscht werden. Anpassung bedeutet hier nicht nur die Veränderung einiger Parameter, sondern häufig auch das Um- oder Neuprogrammieren von XSLT-Stylesheets.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Möglichkeiten von DITA und dem DITA Open Toolkit immens sind, dass es aber auch einen großen Aufwand bedeutet, alle Möglichkeiten nutzen zu wollen. Da DITA und das DITA Open Toolkit Open Source sind und damit nichts kosten, entsteht oftmals die Vorstellung, dass sowohl die Nutzung als auch die Anpassung von DITA und dem DITA Open Toolkit mit wenig Kosten verbunden sind. Wie die Praxis zeigt, entspricht dies alles Andere als der Realität. Oder wie es Sarah O’Keefe in der Fachzeitschrift intercom ausdrückte: „DITA mag frei verfügbar sein, aber es ist nicht billig.“

  

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